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Seite 2, Ahornhals
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Der erste selbstgebaute Hals
Aufgrund der schlechten Erfahrung mit gekauften und angetesteten Bässen und Hälsen sollte es nun endlich ein selbstgebauter Hals sein. Das Holz für diesen Hals war natürlich Ahorn. Ebenso das Griffbrett. Ich habe mir ein 3m langes Stück amerikanisches Bergahron bei einer benachbarten Leistenfirma geholt, für 50 DM!!! Was für ein Zufall, so günstig kommt man selten an solches Holz. Beim Halsspannstab fliel die Entscheidung auf einen rechteckigen Alu-Trussrod, was sich im Nachhinein, nach der Verwendung anderer Stäbe als einfache Lösung herausstellen sollte. Schon wieder eine Odyssee bei Rockinger: es wurde mir erst ein total vermurkster Gitarrentrussrod zugeschickt, dessen Stellschraube sich nicht einmal richtig bewegen lies. Der Ersatz war dann optimal: 10x10mm im Querschnitt, optimale Funktion und konnte sogar etwas gekürzt werden.
Das Design des Halses nahm ich selber in die Hand, auf die Kopfplatte kamen moderne und viel leichtere Mechaniken, um der Jazzbass typischen Kopflastigkeit entgegenzuwirken. Für die Bundstäbchen habe ich mich für Hartbronze Jumbo Frets entschieden. Da mich deren Geschnarre etwas nervt, werden die aber bei zukünftigen Projekten nicht mehr verwendet.
Nun konnte es losgehen. Der Hals sollte mit stehenden Jahresringen in drei Streifen aufgebaut werden, um dem lästigen Deadspot Problem entgegenzuwirken. Außerdem wurde er runder und dicker im Profil als der V-förmige und von mir gewohnte Jazzbass-Hals. Die Kopfplatte wird so dick wie möglich ausgeführt und durch das Design relativ kurz, womit die Schwingungsneigung und damit auch die Deadspotbildung minimiert, oder in höhere Bereiche verlegt wird. Die Vorbereitung des Halsrohlinges überlies ich wieder einem bekannten Schreiner, er schnitt mir die gewünschten Stücke aus dem Ahornbrett und verleimte die Streifen. Danach hobelte er den Rohling auf das Rohmaß, womit ich mit meiner Hobbyausstattung loslegen konnte. Ein schöner Teil des Ahornbrettes wurde zum Griffbrett auserwählt.
Aufbau
Zuerst wurde die rechteckige Tasche für den Spannstab (Trussrod) gefräst und das Profil des Halses am Korpusende geschnitten und geschliffen. Der Hals sollte ja in den "Jazzbass"-Korpus passen. Dann wurde das Griffbrett aufgeleimt und der Spannstab eingesteckt. Ich habe diesen von der Korpusseite aus einstellbar gewählt. Nun konnte die Kontur von Hals und Kopfplatte geschnitten und geschliffen werden, auch das Profil der Halsrückseite wurde nun bearbeitet. Zuerst wurde das ganze grob mit einer Raspel bearbeitet und später mit Schleifpapier mit immer feinerer Körnung geglättet, bis die Form meinen Vorstellungen entsprach. Wobei der Hals seine Stabilität schon mehrmals beweisen mußte, da er des öfteren aus der betagten Hobelbank sprang, während ich mit aller Kraft Material abtrug. Danach wird die Kontur mit in Streifen geschnittenem Schleifpapier eines Bandschleifers (gute Kornhaftung) in mehreren Stufen fein bearbeitet, wodurch nach ein paar Stunden die Kontur zu sehen ist.
Der Radius des Griffbrettes wurde hier nur per Schleifklotz und Schablone geschliffen. 2023 habe ich mir dafür aber eine Buchenholz Schablone mit 10" Radius für 16 Euro bestellt. Zuvor habe ich die Kerben für die Bundstäbchen geschnitten. Dafür kaufte ich damals für unter 10 DM im Industriewerkzeughandel die Einstrichsäge und nicht bei Spezialhändlern zum dreifachen Betrag.
Die Positionen der Bundstäbchen wurden nach einer Formel aus einem Physikbuch errechnet und frei Hand mit einem Maßband aufgezeichnet. Das war noch die Vor-Internet Zeit. Inzwischen findet man Mensurrechner sogar schon im Internet. Auch die Dots für Griffbrett und Seiten bekommt man zu kaufen. Diese habe ich mit meinem, aus dem Modellbau bewährten 5 Minuten Epoxydharz eingeklebt und anschließend plangeschliffen.
Abschließend wurde der Hals mit verdünntem DD Lack im Ballenauftrag versiegelt. Diese "Lasur" hat sich nach 20 Jahren aber komplett an den häufig bespielten Bereichen abgenutzt und als rechter Dreckfänger herausgestellt. Bei der nächsten Bundierung wird alles erst mal geschliffen und deckend lackiert. Achtung, ich gehöre nicht zu den Leuten, die mit klebrigen Fingern ihre Instrumente im Laufe der Jahre zu stinkenden und unappetitlichen Bazillenschleudern verunstalten, trotzdem lagert sich bei offenporigen Holz dunkler Schmutz in die Vertiefungen. Auch werden meine Instrumente regelmäßig mit milden Reinigern abgeputzt und auch die Saiten 1-2x im Jahr im Ultraschallbad mit VE Wasser gereinigt.
Das Ergebnis?
Da ich bisher nur die extradünnen Hälse gewohnt war, brauchte es etwas Zeit, um mit dem etwas dickeren Profil zurecht zu kommen, aber die gleichmäßige Tonqualität über das ganze Griffbrett ist einfach super! Durch die "Einbrett-Bauweise", aus der die Kontur herausgearbeitet wird, ist aber dennoch ein leichter Hang zur Deadspotbildung auf der G-Saite erkennbar, und zwar beim Ges kurz vor dem 12. Bund. Dabei klingt dieser Ton aber so lange, wie bei manchen Instrumenten die "nicht-Deadspot" Töne! Ich bin halt etwas anspruchsvoller, als die meisten Bassisten... Der konstruktiv etwas härtere Hals klingt gar nicht so hart wie man vermuten mag, die Hartbronze Jumbofrets tragen aber ihren Teil zum perkussiven Anschlag bei. Beim Slappen hat der Hals ordentlich Attack. Überhaupt sind etwas mehr Obertöne vorhanden, je nach Zustand der Saiten. Der so ausgerüstete Bass konnte einem aktiven Sting Ray 5 im direkten Vergleich das Fürchten lehren, klingt aber durch die Vintage Jazzbass Tonabnehmer nicht so fett, sondern viel klarer und präsenter. Nichtsdestotrotz war dieser Hals, nach dem 5-Saiter mit durchgehenden Hals, der Bass mit dem lägsten Sustain. Wie sieht es mit der Bundreinheit aus, da die Bundierung ja nur mit dem Meterstab vorgenommen wurde? Entwarnung, genauso wie jeder andere gekaufte Bass! Eben nicht perfekt, aber kein Stück schlechter, nur der Hals steht seit über nun 20 Jahren bolzengerade! Er läßt sich mit dem Spannstab perfekt einstellen, hat über die gesamte Länge eine leichte Krümmung und neigt am 14. Bund auch nicht zum Knicken. Dies ist auch der typische Schaden dünn behalster Bässe. Damit kann ich nun eine relativ niedriger Saitenlage einstellen, was aber trotzdem ein schnarrfreies Spielen ermöglicht. Man kann sich mit diesem Hals richtig austoben. Das Projekt kann also als erfolgreich abgeschlossen gelten.
Hätte ich den Bass gleich so gebaut, hätte er insgesamt ca. 650 DM Material gekostet und gleich mit überdurchschnittlicher Tonqualität aufwarten können. Warum werden dann nicht mehr Instrumente selber gebaut? Na ja, das Marketing der Industriehersteller versucht ihren Produkten durch Endorsments Kultstatus zu verleihen und der meist wenig begabte Musiker meint dann, wie die eine oder andere Größe zu klingen, wenn er dessen Instrumententyp spielt. Wie falsch diese Geisteshaltung ist, zeigt zum Beispiel die Tatsache, was Mark King schon alles für verschiedene Instrumente und Verstärker endorsed hat und trotzdem immer nach sich klingt!
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